Wie du dich als Surfer für die olympischen Spiele 2020 qualifizierst:

Im Jahr 2016 entschied das internationale olympische Komitee „Surfen“ in das Programm für Tokio 2020 aufzunehmen. Zu diesem Zeitpunkt waren keinerlei Details über den Ablauf, die Organisation oder die Regeln des kommenden olympischen Surfwettbewerbs bekannt oder überhaupt festgelegt. Doch die Spiele rücken näher (Eröffnung am 24. Juli 2020) und viele Fragen sind inzwischen geklärt. Wir haben uns angesehen, was der aktuelle Stand der Dinge ist und wie du dich für die Surfwettkämpfe bei den olympischen Spielen 2020 in Tokio qualifizieren kannst:

Wie, wann und wo wird in Tokio 2020 um Medaillen gesurft?

Beginnen wir mit dem „wo“:
Von vielen wurde vermutet, dass Surfen, sollte es je olympisch werden, in einem Wavepark auf einer künstlichen Welle ausgetragen wird. Dies ermöglicht Chancengleichheit und eliminiert den Faktor „Natur“, der den olympischen Zeitplan durcheinander bringen könnte. Entgegen dieser Vermutungen entschied sich das IOC für einen Surfwettkampf am offenen Meer und damit für traditionelles Surfen. Dennoch arbeiten die WSL und Kelly Slater im Moment an einem Wavepark in Japan und ob das ein Zufall ist, darf zumindest bezweifelt werden.

Vor der Entscheidung über den Wettkampfort, beriet sich die ISA (international Surfing Association) mit diversen Experten. Die Wahl fiel schließlich auf den Shidashita Beach in Chiba, rund 40 Minuten von Tokio entfernt. Der Spot ist ein Beachbreak, der im Sommer relativ konstant laufen sollte. Die durchschnittliche Wellenhöhe wird von Experten im Zeitraum vom 24. Juli bis zum 9. August mit Hüft- bis Brusthoch eingeschätzt, mit einer realistischen Chance auf höhere Wellen durch mögliche Taifun-Swells.

Wie laufen die olympischen Surfbewerbe ab?
In Tokyo wird ausschließlich in der Kategorie Shortboard gesurft. Bei entsprechendem Erfolg könnten jedoch bei zukünftigen Spielen weitere Kategorien und Bewerbe folgen. Teilnehmen dürfen jeweils 20 Frauen und 20 Männer.

Gesurft wird mit 4 Sportlern in einem Heat, wobei die zwei besseren Surfer eine Runde weiterkommen. Jede gesurfte Welle wird von der Jury mit Punkten auf zwei Kommastellen bewertet, wobei eine gerade 10,00 der bestmögliche Score ist. In die Wertung kommen letztlich die zwei besten Wellen jedes Surfers und die Punkte werden dabei addiert. Wie genau die Bewertungsrichtlinien für die Judges aussehen werden ist aktuell noch nicht definiert, obwohl ein ähnliches System wie bei der WSL und der ISA anzunehmen ist.

Wann sehen wir die ersten olympischen Surfer?
Um auf attraktive und möglichst faire Verhältnisse warten zu können, wurde die „Waiting-Period“ auf 16 Tage festgelegt. Wann genau also der erste olympische Surfer ins Wasser springt, ist abhängig von Mutter Natur und kann nur schwer vorhergesagt werden. Sind die Events einmal gestartet, benötigt es laut Plan zwei Wettkampf-Tage um die ersten Olympiasieger im Surfen zu küren.

Wie kannst du dich nun als Surfer für Olympia 2020 qualifizieren?

Bevor du deinen Job hinschmeißt um eine olympische Surfkarriere zu starten, solltest du dir lieber erst ein paar Minuten Zeit nehmen und die folgenden Absätze lesen. Die 20 Startplätze sind nämlich heiß begehrt und alles andere als einfach zu erreichen. Laut offizieller Aussendung des IOC gelten folgende Qualifikationskriterien:
Von den 40 Startplätzen (20 Frauen, 20 Männer) sind zwei für das Veranstaltungsland Japan reserviert und auch nur dann, wenn sich kein japanischer Athlet regulär qualifizieren kann.
Für jeden Wettbewerb sind maximal zwei Surfer pro Land vorgesehen. Rein theoretisch aber höchst unwahrscheinlich könnte eine Nation drei Athleten an den Start bringen. Dieses genauso komplexe wie unrealistische Szenario ersparen wir dir allerdings an dieser Stelle 😉.

Damit du tatsächlich in Shiba 2020 um Olympiamedaillen surfen kannst, musst du zunächst einmal die Qualifikationskriterien des IOC sowie die Anti-Doping-Regularien erfüllen. Als nächstes verlangt der DOSB (der Deutsche Olympische Sportbund) die Unterzeichnung einer Athletenvereinbarung sowie die Durchführung einer sportmedizinischen Untersuchung nach DOSB-Standard innerhalb von 12 Monaten bis zur Eröffnung des olympischen Dorfs.
Sportlich musst du es zudem schaffen den Deutschen Wellenreitverband, von deinen Qualitäten zu überzeugen. Dieser schlägt nämlich dem DOSB die besten Athleten vor, welche die geforderten Kriterien erfüllen konnten. Die letztlich entscheidende Nominierung wird dann, wie für alle Sportarten, vom Vorstand des Deutschen Olympischen Sportbunds vorgenommen.
In Österreich und der Schweiz läuft dieser Prozess durchaus ähnlich ab, wobei hier die Nominierungen vom ÖOC bzw. von Swiss Olympic vorgenommen werden. Die nun folgenden Qualifikationskriterien gelten für alle Länder gleichermaßen.

Wie sehen nun die Qualifikationsmöglichkeiten konkret aus?

1. Qualifikation über die Final Rankings der WSL World Tour 2019:
Schaffst du es als Frau in die Top 8 oder als Mann in die Top 10 des WSL Tour Gesamtrankings von 2019, erhält dein Land einen fixen Quotenplatz. Ausnahme: Du erreichst, wie beispielsweise Owen Wright im WSL Ranking von 2017, den 6. Platz, liegst damit aber bereits hinter zwei anderen Athleten aus deinem Land (in dem Fall 2017: Julian Wilson, Matt Wilkinson).

2. Qualifikation über die ISA World Surfing Games 2020:
Hier gibt es 6 Olympiatickets für die besten Frauen sowie 4 Olympiatickets für die besten Männer zu erkämpfen. Weiterhin gilt, maximal 2 Plätze pro Land. Führen wir also das obige Beispiel fort, könnte Owen Wright auch mit einem Sieg in dieser Competition keinen weiteren Startplatz für Australien herausholen. In diesem Fall würde der Quotenplatz an den nächstbest-platzierten Athleten der ISA Games gehen.
Die Chancen hierbei sind für deutschsprachige Athleten durchaus gegeben. Vor kurzem fanden in Japan die ISA World Surfing Games 2018 statt und unter den Teilnehmern waren auch einige heimische Surfer. Im Teambewerb erreichte Deutschland den 18. Platz unter 42 teilnehmenden Nationen und die Schweiz den 24. Rang. Bei den Herren schaffte es Dylan Groen als bester Deutscher in Runde 2, bei den Damen Frankie Harrer. Überraschend gewinnen konnte den Mannschaftsbewerb übrigens Gastgeber Japan und nicht zuletzt dieser Sieg wird bei den Spielen 2020 für eine tolle (Fan-)Atmosphäre sorgen.

3. Qualifikation über die ISA World Surfing Games 2019 sowie die 2019 Pan American Games:
Im Gegensatz zu den Spots die 2020 vergeben werden, zählt hier nicht das Gesamtergebnis des Wettbewerbs, sondern deine Platzierung im Vergleich mit den anderen Surfern deines Kontinents. So gewinnen die besten Surfer der folgenden Kontinente bei den ISA Games einen Olympia-Startplatz für ihr Land, für den jeweiligen Männer oder Frauen Bewerb: Afrika, Asien, Europa, Ozeanien. Die Kollegen vom amerikanischen Kontinent machen sich übrigens im Rahmen der Pan American Games 2019 ihre beiden Startplätze aus.
Um sich einen dieser Plätze zu sichern, müssen unsere Surfer also „lediglich“ die europäische Konkurrenz hinter sich lassen. Einfach wird das aber garantiert nicht, denken wir nur daran, dass Portugal aktuell sowohl im Damen- wie auch im Herrenbewerb einen Surfer auf der WSL Tour hat.

4. Zwei Plätze sind für das Veranstalterland Japan reserviert:
Sollte sich ein japanischer Athlet regulär fürs olympische Surfen 2020 qualifizieren, so erhält der nächstbeste Surfer der 2020 ISA World Surfing Games einen weiteren Startplatz (sofern sein Land noch keine 2 Plätze erworben hat).

Am Ende ergibt sich also eine Anzahl an Startplätzen für das deutsche Olympia-Team. Sollten nun mehrere Athleten die geforderten Kriterien erfüllen, gibt der Deutsche Wellenreitverband seine Empfehlung an den DOSB und dieser entscheidet letztlich über die Nominierung. Garantie dafür, dass jener Sportler die Nominierung erhält, welcher den Startplatz erkämpft hat, gibt es allerdings keine.

Solltest du nun deinen Job immer noch an den Nagel hängen wollen, wünschen wir dir, genauso wie allen weiteren hoffnungsvollen Surf-Athleten, alles, alles Gute und wir wären außerordentlich erfreut, einen deutschsprachigen Vertreter im olympischen Surfwettbewerb anfeuern zu dürfen!